Mittwoch, 16. Dezember 2015

Ende einer Dienstfahrt



Ich trat im Jahr 1972 als Referendar der Fächer Deutsch und Sport an der Kreisrealschule Homburg in den Saarländischen Schuldienst ein und erlitt Ende 2009/Anfang 2010 im Alter von 62 Jahren zwei Schlaganfälle und einen Herzinfarkt, weshalb man mich im März 2011 nach knapp 36 Dienstjahren an verschiedenen saarländischen Realschulen und Erweiterten Realschulen, was nebenbei ein Etikettenschwindel ist, in den vorzeitigen Ruhestand entließ, was ich als eine Art "Heimatschuss" empfand, um mich einmal des Wehrmachtsjargons zu bedienen, der mir sonst überhaupt nicht liegt.
Mir geht es gut. Am meisten macht mir noch die fortgeschrittene Arthrose in beiden Kniegelenken zu schaffen, die  mich, wenn ich mich von unserer Wohnung entfernen möchte, entweder zur Benutzung des Autos oder des Fahrrades zwingt und die ich der Tatsache zu verdanken habe, dass ich mit Anfang 50 noch aktiv (Hallen-) Fußball gespielt und in jeder schulischen Sportstunde, ebenfalls fast ausschließlich in Sporthallen mit Schwingboden, alle Übungen vor- und mitgemacht habe. Um eine Operation werde ich wohl nicht herumkommen. Ich erwähne meine Krankengeschichte nicht aus Wehleidigkeit, sondern weil sie bei dem, was ich zu erzählen beabsichtige, noch eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird. 
Mittlerweile, heute ist der 04.12.2012, habe ich einen Operationstermin, nämlich am 19.02.2013. Außerdem hat man mich in der Klinik aufgeklärt, dass Arthrose ein Schicksal ist, das beliebig zuschlägt und dessen Ursachen noch nicht erforscht sind. Meine ursprünglichen Spekulationen sind also obsolet.
 
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben...
Meine Infarkt-Erkrankungen blieben naturgemäß in meiner unmittelbaren Nachbarschaft nicht unbemerkt, weil ich mit Tatütata ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Außerdem war ich danach für gute sechs Wochen in diversen Krankenhäusern und Reha-Kliniken verschwunden, was auch der Anwohnerschaft zur Kenntnis kam. Niemand aus diesem Personenkreis hat sich danach nach meinem Befinden erkundigt, worauf ich auch keinen Wert gelegt habe. Ohne mein Zutun musste ich aber erkennen, dass man sich wohl untereinander klammheimlich über die Ursache meines Missgeschicks geeinigt hatte: "Tja, die Schüler...".
Ich messe - schon aus Gründen der Selbstachtung - der Feststellung großen Wert bei, dass es sehr wohl haufenweise Probleme mit den mir anvertrauten jungen Menschen gab; sie waren teilweise nicht gerade begeistert von den Arbeitsaufträgen, die ich ihnen gab, sie waren frech und aufmüpfig, auch anmaßend und unhöflich, aber alles im erträglichen Rahmen. Ich bin jedoch überzeugt - leider gibt es noch keinen Internetdienst, bei dem sich das objektiv abfragen ließe -, dass ich bei den allermeisten meiner Schülerinnen und Schülern ein gewisses "standing" hatte. Richtig wohl gefühlt in meiner Rolle als Lehrer habe ich mich an allen Schulen, an denen ich unterrichtet habe, eigentlich immer nur, wenn ich die Tür zum Klassenraum bzw. zur Sporthalle hinter mir geschlossen habe und mit meinen Schülerinnen und Schülern alleine war, auch mit all ihren Schwächen und Problemen.  Richtig ungemütlich wurde es erst, wenn ich das Klassenzimmer wieder verließ. Warum ich dies heraushebe, wird sich noch zeigen. 
Vorab deswegen nur der (leicht abgewandelte) Gag von Dieter Nuhr, der ja selbst beinahe statt beim Kabarett im Schuldienst gelandet wäre: "Lehrer gehen deshalb mit Unlust in die Schule, weil sie die Missgunst, das Mobbing und die vielen Intrigen kaum ertragen können. Und hinzukommen dann noch die Belastungen durch die Schüler..."
Ich habe meinem Blog das Heine-Gedicht vorangestellt, weil es nicht nur mein Lieblingsgedicht ist, sondern mich auch in der einen oder anderen Form während meiner Zeit als Lehrer begleitet hat und gewissermaßen als Quintessenz meines Lebens angesehen werden kann.
Eine Einführung finden Sie hier
Informationen zum Lehrerberuf finden Sie hier.
Ich erlaube mir übrigens, die Schlagzeile der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zur Allensbach-Studie abzuändern, damit sie auf mich zutrifft: "Das größte Hindernis für einen ordentlichen Unterricht sind die mit häuslichen Problemen beladenen Schüler". 
Der folgende Blog schlägt einen großen Bogen, beginnend in meiner Kindheit, um schließlich an der Erweiterten Realschule Neunkirchen, meinem letzten Dienstort zu enden.
Sollte dabei der Eindruck entstehen, vom Leben allgemein und vom Berufsleben im Besonderen enttäuscht zu sein, kann ich teilweise zustimmen, weil ich mit meiner Gesundheit bezahlt habe. Außerhalb der Erfahrungen, die ich in den folgenden Posts schildern werde, gibt es aber noch genug Positives, mit dessen Schilderung ich aber bestimmt nur (noch mehr?) Langeweile hervorrufen würde.




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